A: Abk. >Ausschließungschance
Allel: >Merkmal
Allgemeine Vaterschaftsausschließungschance (AVACH): Statistisches Maß für die Leistungsfähigkeit eines >Merkmalssystems oder einer Kombination von Merkmalssystemen;
Ausschließungschance (A od. IVACH): Statistische Kenngröße; bezeichnet den Anteil der Nichtväter, die aufgrund der Merkmalsverteilung von Kind und Kindesmutter von der Vaterschaft ausgeschlossen werden können. Bsp.: Eine A. von 99,92% besagt, dass 99,92% aller Männer der [z. B. europäischen] Bevölkerung von der Vaterschaft ausgeschlossen werden können. Umgekehrt können 0,08% (8 von 10.000) nicht ausgeschlossen werden. Bei einer A. von mehr als 99,9% verbleiben bei >Nichtausschluss des Mannes keine schwerwiegenden Zweifel mehr an seiner Vaterschaft, diese gilt als praktisch erwiesen.
Ausschluss: Die Merkmalskonstellation von Kind, Mutter und Mann ist nicht mit Vaterschaft vereinbar, [i.a.R.] der Mann besitzt das zu fordernde Merkmal nicht. Bsp: Das Kind besitzt die bei dem Marker TH01 den Befund 6/9, seine Mutter 6/7. Das Kind muss das Merkmal 9 von seinem Erzeuger geerbt haben, dieser besitzt es nicht und ist damit ausgeschlossen, es liegt also ein A. vor. Die >Richtlinien fordern für einen voll beweiskräftigen A. das Vorliegen von A.-Konstellationen in mindestens drei Merkmalssystemen auf verschiedenen >Chromosomen.
AVACH: Abk. >Allgemeine Vaterschaftsausschließungschance
Basenpaar: Kleinste Einheit und Baustein der >DNA. Es werden vier verschiedene Basen unterschieden, deren Abfolge in der DNA die genetische Information bestimmt. Außerdem: Einheit (Bp) für die Länge eines DNA-Bruchstückes, auch üblich in Kilobasenpaaren (kB); 1 kB=1000 Bp
Chromosom: Träger der Erbsubstanz. Eine Vielzahl aufeinander folgender DNA-Untereinheiten bildet ein C. Der Mensch besitzt 22 paarige (autosomale) und 2 geschlechtsspezifische C. (X und Y), auf denen sich die >Merkmalssysteme an jeweils bekannten Orten befinden.
Defizienzfall: Gutachtenfall, in dem nicht alle Personen für die Begutachtung zur Verfügung stehen. Einfachster Fall: Begutachtung ohne Einbeziehung der Kindesmutter.
DNA: engl. Abk. Desoxyribonukleinsäure (DNS); lange, fadenförmige Moleküle als Träger der menschlichen Erbinformation. Zur Untersuchung von >DNA-Systemen kann DNA aus Blutzellen, aber auch aus anderen Zellen des Körpers, isoliert werden.
DNA-SLS: >SLS
DNA-Systeme: >Merkmalssysteme, deren Bestimmung direkt an der >DNA erfolgt. Bei den für die Abstammungsbegutachtung verwendbaren Systemen wird unterschieden zwischen sog. >PCR-basierten Systemen (>STR) und >RFLP (Restriktions-Fragmentlängen-Polymorphismen)
HLA (humanes Leukozytenantigen-System, engl. Human Leukocyte Antigene): Das menschliche Leukozytenantigensystem ist auch als ‘Transplantations Antigen’ bekannt und besteht aus Merkmalen, die chemisch aus Proteinen bestehen und sich auf nahezu allen Körperzellen befinden. Im Labor werden die HLA-Merkmale auf der Oberfläche der weißen Blutkörperchen oder mithilfe von molekularbiologischen Methoden nachgewiesen. Sie sind neben der Bestimmung auf der Suche nach einem geeigneten Spender für Transplantationen teilweise auch mit Krankheiten assoziiert und sind aufgrund Ihrer Vererbung für Abstammungsgutachten geeignet.
KFQA (Kommission zur Feststellung der Qualifikation von Abstammungsgutachtern; www.kfqa.de) Nach den >Richtlinien eingerichtete Kommission, der die Prüfung der wissenschaftlichen und praktischen Qualifikation von Gutachtern obliegt. Vergibt Prüfzeichen nach erfolgreicher Prüfung.
Konventionelle Systeme: alle Erythrozyten-Membranantigene, Serumeiweiß-Systeme und Enzymsysteme, sowie das >HLA-System, soweit es serologisch (nicht mit molekularbiologischen Methoden an der DNA) bestimmt wird. K. S. werden von Systemen unterschieden, die direkt an der DNA untersucht werden und sind heute nicht mehr gebräuchlich.
Merkmal: Ein M. ist eine Eigenschaft in einem >Merkmalssystem. Jeder Mensch besitzt grundsätzlich an jedem Genort zwei M., als Befund wird stets das Erscheinungsbild aus diesen beiden M. angegeben.
Merkmalssystem: In einem M. lassen sich für verschiedene Menschen verschiedene Eigenschaften (Merkmale) nachweisen (das System ist polymorph). Für M. in der Abstammungsbegutachtung gelten bestimmte Anforderungen: z. B. müssen Erbregeln eingehalten werden, Häufigkeitsverteilungen und >Mutationsraten bekannt sein. In den >Richtlinien werden 4 M.-Kategorien unterschieden: (1) >Konventionelle Systeme, (2) >DNA-RFLP, (3) >PCR-basierte >STR und (4) >HLA.
Mutation: Veränderung der Erbinformation [bei der Vererbung (Reifeteilung)]. Hierdurch kann die beobachtete Merkmalsverteilung nicht mehr konsistent mit Mutter- bzw. Vaterschaft sein. M. treten in allen Systemen mit unterschiedlicher Häufigkeit [>Mutationsrate] auf und werden bei der Begutachtung berücksichtigt.
Mutationsrate: Wahrscheinlichkeit, mit der bei der Vererbung (Reifeteilung) eine >Mutation in einem System auftritt. Typische M. liegen bei weniger als 0,001% für >konventionelle Systeme und bis zu etwa 0,5% für bestimmte >DNA-Systeme.
Nichtausschluss: Man spricht von N., wenn ein Mann alle >Merkmale besitzt, die das Kind von seinem Erzeuger geerbt haben muss. Es liegt dann kein >Ausschluss vor.
PCR: engl. Abk. für Polymerase-Kettenreaktion; Molekularbiologisches Verfahren, um kleinste Mengen von >DNA zu vervielfachen. Durch Einsatz geeigneter Primer („Schlüssel“, die nur an einem genau bekannten Ort der DNA „passen“) ist es möglich, gezielt nur einen Abschnitt der DNA zu vermehren, auf dem sich ein >Merkmalssystem befindet [>PCR-System].
PCR-System: >Merkmalssystem, das durch Einsatz der >PCR nachgewiesen wird. Die in der Abstammungsbegutachtung überwiegend eingesetzten PCR-Systeme werden auch als >STR (Short Tandem Repeat) bezeichnet. Diese Systeme sind definiert durch die Angabe des verwendeten Primers (Hersteller oder Sequenz).
Polymorphismus: Vorkommen verschiedener Zustände (>Merkmale) an einem Genort (>Merkmalssystem).
RFLP: Abk. Restriktions-Fragmentlängen-Polymorphismus: >DNA-Systeme, bei denen die isolierte DNA zunächst mit einem Enzym in Bruchstücke zerschnitten wird. Anschließend wird eine genortspezifische >Sonde angelagert, über deren Farbstoffmarkierung die DNA-Bruchstücke eines bekannten Genortes (nur dort „passt“ die Sonde) sichtbar gemacht werden können. Die Befunde bei RFLP werden als Messwert für die Fragmentlänge in der Einheit Kilobasenpaare [kB] angegeben. „2.44/3.06“ als Befund bedeutet z. B., dass bei der Person DNA-Bruchstücke mit den Größen 2.44 kB (also ca. 2440 >Basenpaare) und 3.06 kB gemessen wurden. Die Messgenauigkeit dieses Verfahrens liegt je nach Fragmentgröße zwischen 1% und 5%. Geringfügige Abweichungen bei der gemessenen Fragmentgröße begründen damit keinen >Ausschluss. Die Messungenauigkeit wird bei der >statistischen Auswertung berücksichtigt. RFLP sind definiert mit der Angabe des Genortes (oder des Handelsnamens der verwendeten >Sonde) und des Enzyms.
Richtlinie der GEKO (2012): Richtlinie der Gendiagnostik-Kommission (GEKO) für die Anforderungen an die Durchführung genetischer Analysen zur Klärung der Abstammung und an die Qualifikation von ärztlichen und nichtärztlichen Sachverständigen gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 2b GenDG, veröffentlicht und in Kraft getreten am 26.07.2012. Ersetzt die Richtlinien aus 2002 und setzt die Bestimmungen des zwischenzeitlich in Kraft getretenen Gendiagnostikgesetztes um.
Richtlinien (2002): R. für die Erstattung von Abstammungsgutachten, herausgegeben von der Bundesärztekammer und dem Robert-Koch-Institut; letzte Fassung vom März 2002; beschreibt die Anforderungen an Gutachter, Labor, zu untersuchende Systeme, Qualitätssicherung und Auswertung der Befunde.
Single Locus-Systeme: >SLS
SLS: Abk. Single Locus-System: >DNA-System, dessen Lokalisation (Genort) auf den Chromosomen bekannt ist. Hierunter werden >RFLP, deren Nachweis mit >Sonden erfolgt, und >PCR-basierte Systeme zusammengefasst. Andere DNA-Systeme als SLS sind nach den >Richtlinien für die Abstammungsbegutachtung ungeeignet. Auch verwendet für: Abk. Single Locus Sonde: >Sonde
Sonde: Zum Nachweis von >RFLP. Ein (synthetisierter) DNA-Abschnitt, der sich nur an einem genau bekannten Genort an die menschliche DNA anlagern kann. Durch eine geeignete Markierung können damit die Merkmale des zu untersuchenden Genortes selektiv sichtbar gemacht werden.
STR: Abk. Short Tandem Repeat. Es handelt sich um >PCR-Systeme, deren >Merkmale im wesentlichen durch die Häufigkeit eines sich wiederholenden DNA-Musters (in der Regel mit einer Länge von vier >Basenpaaren) definiert werden. Als Befund wird die Zahl der Wiederholungen (engl. Repeats) angegeben. „6/10“ als Befund bedeutet z. B., dass bei der Person DNA-Bruchstücke (mittels einer >PCR) vermehrt wurden, in denen das Grundmuster dieses Systems 6- bzw. 10mal vorkommt.
System: >Merkmalssystem
Vaterschaftsplausibilitätsgrad (W-Wert): Statistische Maßzahl, die zusätzlich zu oder an Stelle der >Ausschließungschance verwendet wird. Ein W-Wert von mehr als 99,9% erlaubt die Feststellung: Vaterschaft praktisch erwiesen
Y-chromosomale STR: Auf dem männlichen Y-Chromosom lokalisierte Merkmalssysteme, die die Eigenschaft haben, in männlicher Linie auch über mehrere Generationen identisch vererbt zu werden (abgesehen von seltenen >Mutationen). Hierdurch gute Eignung für bestimmte >Defizienzfälle.